Hier ist eine kleine Kurzgeschichte die ich für einen Wettbewerb
zum Thema Lügen wie Münchhausen geschrieben habe.
Ein paar Bilder hab ich auch noch dazu gezeichnet.
Vom Morgen
bis zur Abendlektüre
"Uuaahh" Das waren meine ersten Worte als ich
heute Morgen aufwachte. Die Sonne schien durch das Fenster und forderte mich
gerade zu auf, das Bett zu verlassen und den Tag zu genießen. Das hatte ich auch vor.
Also machte ich mir ein Toast mit Käse und ein Spiegelei,
noch etwas Obst und Kaffee mit Milch. Nachdem ich fertig gefrühstückt hatte und
gewaschen war, goss ich mir noch einen Kaffee ein, wieder mit Milch und nahm
mein neu erstandenes Buch zur Hand.
An einen so schönen Sonntagmorgen gibt es doch nichts
besseres, als sich mit einem guten Buch in den Schatten eines Baumes zu setzen
und sich in eine andere Welt entführen zu lassen.
Buch und Kaffee stellte ich erst einmal also auf den
kleinen Holztisch unter dem Apfelbaum ab, denn vorher musste ich mir noch die Gießkanne schnappen und das
Gemüsebeet gießen.
Wie ich nun so dasaß und die erste Seite aufschlug,
vernahm ich ein Rascheln neben mir im Gras.
Eine kleine Maus kam auf mich zugetippelt. Eigentlich war
sie ziemlich groß für eine Maus, mit auch verhältnismäßig großen Ohren. Sie
kletterte auf die Gießkanne die ich neben dem Tisch abgestellt hatte und
starrte mich an.
"Na du bist aber eine Neugierige." sagte ich zu
ihr, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. Doch die kam.
"Interessiert aber nicht neugierig."
"Oh, „ ich war dann doch etwas überrascht "Du
sprichst ja Mäuschen, das überrascht mich aber."
"Warum sollte ich nicht sprechen. Ich höre den
Menschen zu und kann sprechen. Ganz einfach. Und jetzt möchte ich dir zuhören
beim lesen."
"Ich wollte das Buch aber nicht laut vorlesen. Ich
wollte es ganz für mich lesen." gab ich der Maus zu verstehen.
"Ja das kannst du doch auch. Du musst nur die Lippen
dabei bewegen."
"Du kannst auch von den Lippen lesen?" fragte
ich nach.
"Nein das nicht. Aber wenn du die Lippen beim lesen
bewegst ist das für mich laut genug um alles zu verstehen." sprach die
Maus und zeigte auf ihr recht großen Ohren.
Ich unterhielt mich also mit einer Maus. Und die
verlangte, das ich etwas tue, dass ich seit der 3. Klasse nicht mehr tat. Nein
so wollte ich den Tag nicht verbringen. Ich gab der Maus zu verstehen, dass sie
sich bitte einen anderen Vorleser suchen sollte und schlug mein Buch erneut
auf. Da hörte ich ein kracksen und knabbern. Bevor mir klar wurde, woher das
Geräusch kam war es auch schon zu spät. Der kleine neugierige und definitiv
freche Nager hatte doch tatsächlich ein Tischbein durchgebissen. Als nächstes
passierte also folgendes. Der Tisch kam ins kippen, meine Tasse mit dem Kaffe
kam ins kippen und das Buch ins rutschen. Ich konnte die Tasse noch rechtzeitig
festhalten das Buch fiel vom Tisch. Die Maus saß im Gras und winkte mir zu, das
Buch fiel.
Es fiel direkt in die Gießkanne auf der eben noch die
Maus saß und die wie ich mit einem dumpfen Platschen hörte noch halb voll
Wasser war.
"Entschuldigung, das habe ich nicht gewollt."
quiekte die Maus und verschwand.
Ich zog schnell das Buch aus der Kanne, legte es auf den
Tisch und besah mir den Schaden. Das Buch war komplett nass. Von vorne bis
hinten, Seite für Seite durchnässt. Was für ein Ärger. Jetzt war schnelles
Handeln gefragt. Schließlich sollte keine Druckerschwärze verlaufen. Das würde
die Buchstaben ja nur unleserlich machen, und damit wäre das Buch endgültig
nicht mehr zu gebrauchen. Also tat ich das einzig logische. Ich griff zur
Schere und Schnitt aus allen Seiten die Buchstaben heraus, die ich dann
sorgfältig und einzeln auf eine Leine zum trocknen hing. Bei einem Buch von 653
Seiten kommt da ganz schön was zusammen. Würde man die Buchstaben an einer
gerade gespannten Leine aufhängen, käme man wohl fast auf eine Leinenlänge von
einem Tagesmarsch.
Aber ich habe ja die Leine über mehrere Etagen zwischen
den Wäschestangen gespannt, und diese dann in einem Zickzackmuster kreisförmig
aufgestellt. Mit dieser Methode ersparte ich mir nicht nur einen sehr langen
Fußmarsch, sondern war auch in etwas weniger als einer Stunde fertig. Alle
Buchstaben hingen fein säuberlich auf der Leine zum trocknen.
Ich nahm meine Tasse und ging ins Haus um mir neuen
Kaffee zu kochen. Stolz auf meine schnelle Rettungsaktion blickte ich durch das
Fenster auf die vor sich hintrocknenden Buchstaben. Doch was war das? Ein
Schwarm Zitronenfalter flatterte fröhlich durch das Leinengeflecht.
Zitronenfalter zwischen meinen Buchstaben. Sofort wurde mir klar was das
bedeutet. Zitrone ist gleich unsichtbare Tinte, oder macht Tinte unsichtbar.
Ich eilte also hinaus um diese sonst so liebenswerten Flattermänner zu
verjagen. Das gelang mir auch sehr schnell und erfolgreich, doch leider waren
schon viele Buchstaben zum Teil unsichtbar geworden. Und ein kleiner Teil war
komplett nicht mehr zu erkennen.
Was will man da machen? Ich holte mir also Pinsel und
Farbe und malte die Buchstaben neu an. Bei den komplett unsichtbaren hatte ich
einige Mühe alle zu finden, aber ich hatte es dann doch geschafft.
Nachdem ich Pinsel und Farbe wieder in die Werkstatt
zurückgebracht hatte, fiel mir ein, dass ich ja auch noch den Tisch reparieren
musste. Also nahm ich mir etwas Holz, Nägel, Leim und einen Hammer und beseitigte den Mäuseschaden. Wie ich nun
mit ein paar kräftigen Schlägen den ersten Nagel ins Holz treiben wollte,
trabte gerade ein Schaf gemütlich vorbei. Allerdings erschreckte es bei meinen
Hammerschlägen derart, das es wie vom Wolf gebissen über die Wiese jagte. Ich
ließ den Hammer sofort fallen, konnte aber am Ende nur mit ansehen wie das arme
verschreckte Tier sich in meiner Wäscheleine verfing. Oh, dieses dusselige
Schaf, hätte es nicht wo anders hinrennen können. Ich eilte zu Hilfe und
befreite das verängstigte Ding aus dem
Leinengestrüpp. Der Schaden an der Leine war kaum der Rede wert, aber
einige hundert Buchstaben hatten sich doch in der Wolle verfangen und waren
kaum darin zu finden.
Um alle Buchstaben zurück zu bekommen beschloss ich also
folgendes.
Die Wolle muss ab. Allerdings, so überlegte ich, mit
einer Schere einfach alles abschneiden bedeutet aber auch das ich eventuell
einen Buchstaben aus Versehen treffen könnte. Das sollte natürlich nicht
passieren. Ich nahm also das Schaf und zwei Stricknadeln und begann vom
Schwanzende an die Wolle Stück für Stück abzuziehen. Am Ende kam ein schöner
warmer Pullover heraus, abends wurde es ja auch schon recht frisch, und ich
hatte wieder alle meine Buchstaben zusammen. Übrigens stellte ich dabei fest,
das man doch gar kein Spinnrad braucht um Wolle herzustellen. Also wurden die
Dinger wohl nur erfunden um Kindern Märchen von schlafenden Prinzessinnen zu
erzählen, die auf irgendwelche Ritter warteten.
So ein Rotzbengel kam ja dann auch noch, in echt, nicht
im Märchen.
Mit seiner Lanze schwingend kam dieser Schepperheini auf
seinem Pferd über meinen Zaun gesprungen und versuchte alle großen Os von meinen
Buchstaben aufzuspießen.
Der muss doch wohl spinnen dachte ich so bei mir. Das hab
ich ihn dann auch gefragt. „Sag mal spinnst du?“ schrie ich zum Herrn Ritter
rüber „Lass das gefälligst sein und gib mir meine Os zurück!“
Sein Pferd stoppte genau vor mir. Er beugte sich zu mir
herunter und schob sein Visier hoch. „Erstens, nein ich spinne nicht. Und
Zweitens wer was von mir will muss es sich in einem Turnier von mir holen.“
„Was denn für ein Turnier?“ wollte ich wissen. „Ich habe
Erstens kein Pferd und Zweitens keine Lanze, geschweige eine Rüstung. Und
Drittens sind das meine Os.“
Der Blechkamerad sprang vom Pferd und baute sich vor mir
auf. „Na gut dein Erstens und dein Zweitens verstehe ich. Aber dein Drittens
ist mir egal.“ Er schepperte kurz. „Dann lass uns Schach spielen.“
Man muss sich mal vorstellen, dieser Typ wollte um meine
Os mit mir Schach spielen. Dazu hatte ich nun echt keine Lust. „Lass uns lieber
Mau-Mau spielen.“
Gab ich ihm zur Antwort. Es schepperte wieder. „Mau-Mau
ist aber kein sehr ritterliches Spiel. Nein wir spielen Schach.“ Ich erklärte
ihm, dass doch auch beim Mau-Mau ein König dabei sei, und das wäre doch sehr
ritterlich, mal abgesehen von der Dame und dem Buben. Er wollte aber nichts
davon hören. Man könne keine Figuren auf einem Spielfeld ziehen, war sein
Argument. Wir stritten so noch eine ganze Weile. Am Ende einigten wir uns auf
Schach-Mau-Mau. Wie das Spiel geht wussten wir bis dahin auch nicht. Jetzt
schon.
Jeder erhält 12 Karten und legt sie offen in 2 sechser
Reihen vor sich hin. Auf die mittlere Karte in der unteren Reihe stellt man den
König. In die Mitte kommt der Ablagehaufen. Den König zieht man nun abwechselnd
um ein Kartenfeld. Am besten immer auf die Karte die man dann ablegen kann. Wer
am Schluss alle Karten los ist hat gewonnen. Das war dann mit etwas Glück ich.
Man glaubt ja nicht wie lange ein Ritter braucht um auf
Toilette zu gehen. Bis der die Rüstung aus und wieder an hat, hatte ich dreimal
Zeit die Karten zu meinen Gunsten zu sortieren.
Die Os waren also wieder mein und der Ritter ging
geschlagen vom Feld.
Bei abnehmen der Os von seiner Lanze bemerkte ich das sie
ganz trocken waren.
Wie wunderbar jetzt konnte ich mein Buch zusammensetzen
und endlich lesen.
Ich sammelte alle Buchstaben ein, holte den Kleber und
fügte die Seiten wieder Wort für Wort zusammen. Was für ein Glücksgefühl wieder
ein komplettes Buch in den Händen zu halten.
Mittlerweile war es Abend geworden. Ich aß noch etwas,
machte mir einen Tee mit Milch, zog mir den neuen Schafsfellpullover über und
setzte mich in meinen Sessel. Ich schlug das Buch auf und begann zu lesen.
Dabei bewegte ich die Lippen, denn die Maus mit den zu großen Ohren saß mir
gegenüber und lauschte mit.
Ich hoffe ihr hattet viel Spass